Umsatzsteuer | Vorsteuerabzug und private Verwendung im Rahmen eines Ehegatten-Vorschaltmodells

Umsatzsteuer

Vorsteuerabzug und private Verwendung im Rahmen eines Ehegatten-Vorschaltmodells

(1)  Der Erwerb eines Pkw zur langfristigen Überlassung an den freiberuflich tätigen Ehegatten kann eine unternehmerische (wirtschaftliche) Tätigkeit begründen.  (2)  Der Vorsteuerabzug des Vermieters eines Pkw ist nicht systemwidrig und daher auch nicht missbräuchlich. Dies gilt bei einer Vermietung unter Ehegatten jedenfalls für die Vermietung von Pkw, die nicht dem unmittelbaren Familienbedarf dienen.  (3)  Einer Besteuerung der privaten Verwendung des vermieteten Pkw durch den Vermieter-Ehegatten steht eine vertraglich geregelte Vollvermietung an den anderen Ehegatten nicht entgegen (Bezug: § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 9a Nr. 1, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 15 Abs. 1a UStG ; § 12 Nr. 1 EStG ; Art. 9 Abs. 1, 168 Buchst. a MwStSystRL ; § 12 Nr. 1 EStG ; § 41 Abs. 2, § 42 AO ; § 117 Abs. 1 BGB ). 

Praxishinweise 
(1)  Der BFH bejahte somit eine unternehmerische Tätigkeit mit der Berechtigung zum Vorsteuerabzug, wenn wie im  Urteilsfall  eine Ehefrau einen Pkw erwirbt und dann an ihren  Ehemann  für dessen  Arztpraxis verleast  und somit den Vorsteuerabzug geltend macht, welcher dem Ehepartner bei Kauf des Pkw nicht selbst zugestanden hätte. Unschädlich war, dass die Ehefrau nicht am allgemeinen Markt tätig wurde, sondern Leasingleistungen lediglich an ihren Ehegatten als (einzigen) Kunden erbrachte, und dass sie über kein Geschäftslokal verfügte. Da der Leasingvertrag zwischen den Ehegatten im Wesentlichen wie vereinbart durchgeführt wurde,  verneinte der BFH auch ein Scheingeschäft . Auch dass die Frau entgegen der Vereinbarung im Leasingvertrag anstelle ihres Ehemannes in einigen Fällen die Rechnungen für Wartungsarbeiten am Pkw selbst beglichen hat, führt nicht zur umsatzsteuerlichen Nichtanerkennung des Vertrags. 

(2)  Da die Pkw-Überlassung mit dem Leasingvertrag auf einer besonderen Vereinbarung beruhte, liege auch  keine Nutzungsüberlassung auf familienrechtlicher Grundlage vor , so der BFH. Einem Vorsteuerabzug der Ehefrau stehe auch nicht § 15 Abs. 1a UStG i. V. mit § 12 Nr. 1 EStG entgegen. Die Gestaltung sei nicht unangemessen, wenn die Ehefrau ihre Vermieterstellung unstreitig aus eigener finanzieller Kraft wahrgenommen habe, da sie finanziell von ihrem Ehegatten unabhängig sei und den Pkw aus ihrem eigenen Einkommen oder Vermögen erworben habe. Hat die Ehefrau aber das Fahrzeug auch selbst genutzt, ist eine Besteuerung der Nutzung des Fahrzeugs durch die Ehefrau als  unentgeltliche Wertabgabe  (§ 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG ) vorzunehmen, so der BFH. 

BFH, Urteil vom 29.9.2022 - V R 29/20 NWB KAAAJ-30875