Ausgangspunkt ist die am 26.11.2018 vom EU-Parlament beschlossene Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG (Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG in Bezug auf die Harmonisierung und Vereinfachung bestimmter Regelungen des Mehrwertsteuersystems zur Besteuerung des Handels zwischen Mitgliedstaaten [12848/1/18 REV 1], nachfolgend: „MwStSystRL n.F.“). Neben der MwStSystRL findet zudem eine Anpassung der Durchführungsverordnung Nr. 828/2011 statt (nachfolgend: „MwStDVO n.F.“). Hintergrund der Einführung der Quick Fixes ist folgender: Das gegenwärtige Mehrwertsteuersystem soll sukzessive vom endgültigen Mehrwertsteuersystem der EU abgelöst werden, dessen Umsatzbesteuerung sich nach dem Bestimmungslandprinzip richtet. Im Bereich der Dienstleistungen ist dies bereits erfolgt. Im Bereich der Lieferungen fehlt es jedoch noch an einer Umsetzung. So sollen im endgültigen Mehrwertsteuersystem innergemeinschaftliche Lieferungen im Herkunftsland nicht mehr wie bislang steuerfrei sein. Stattdessen hat der leistende Unternehmer die Mehrwertsteuer zum lokalen Satz des Bestimmungslandes zu erklären. Abzuführen soll diese jedoch im Herkunftsland des leistenden Unternehmers sein, wie dies bereits heute im Bereich der elektronischen Dienstleistungen über den sogenannten Mini-One- Stop-Shop (MOSS) erfolgt. Da ein kurzfristiger Übergang zum endgültigen Mehrwertsteuersystem nicht möglich ist, hat sich der Richtliniengeber dazu ent- schlossen, kurzfristige Änderungen im Bereich des grenzüberschreitenden Warenhandels vorzunehmen. Ziel ist zum einen die chaffung von Rechtssicherheit, daneben aber auch die Betrugsbekämpfung in diesem Bereich.
Unternehmen, die ein Konsignationslager grenzüberschreitend als Lieferant bestücken, können von einem möglichen Wegfall an Registrierungspflichten im Land des Abnehmers (Bestimmungsland) profitieren. Bei Erfüllung der unten dargestellten Voraussetzungen ist lediglich im Zeitpunkt der Entnahme aus dem Konsignationslager eine innergemeinschaftliche Lieferung an den Erwerber zu melden. Für die Unternehmer bedeutet die neue Richtlinie somit in vielen Fällen eine Vereinfachung, da im Zeitpunkt der Bestückung kein innergemeinschaftliches Verbringen zu melden ist, das eine Registrierungspflicht im Bestimmungsland nach sich zieht. Daneben steht auch ein Gewinn an Rechtssicherheit, da die bisherigen verwaltungsseitigen Vereinfachungsregelungen nunmehr vereinheitlicht und auf eine gesetzliche Grundlage gestellt werde
Der Begriff des „Reihengeschäfts“ war bisher EU-weit nicht ausdrücklich definiert. Die Richtlinie sieht nun erstmals eine Regelung für Reihengeschäfte vor. Definiert wird jedoch nur der Fall, in dem ein mittlerer Unternehmer – ein sogenannter „Zwischenhändler“ – den Transport verantwortet. Für diesen Fall folgt der Richtliniengeber der bislang schon durch den deutschen Gesetzgeber normierten Vermutungsregelung, wonach die bewegte Lieferung grundsätzlich der Lieferung an den Zwischenhändler zuzuordnen ist. Abweichend davon ist, entsprechend der deutschen Regelung, die Warenbewegung der Lieferung durch den Zwischenhändler zuzuordnen, wenn der Zwischenhändler unter seiner vom Abgangsland erteilten Ust-IdNr. auftritt. Hierdurch eröffnet sich ein bewusster Gestaltungsspielraum für die Unternehmer.
Die ausländische Ust-IdNr. des Abnehmers wird nun zu einer materiellen Voraussetzung für die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung. Damit ist eine Steuerbefreiung bei fehlender gültiger ausländischer Ust-IdNr. des Abnehmers nicht mehr möglich. Der Prüfung der Ust-IdNr. des Kunden kommt zukünftig eine noch größere Bedeutung zu. Ebenso materielle Voraussetzung für die Steuerbefreiung wird die rechtzeitige und korrekte Abgabe einer Zusammenfassenden Meldung (ZM).
Bis zum 01.01.2020 muss die geänderte MwStSystRL von den einzelnen Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt werden. Das deutsche Gesetzge- bungsverfahren ist mit dem Referentenentwurf des JStG 2019 und dem inzwischen vorliegenden Regierungsentwurf in Gang gekommen.